In seinen jungen Jahren – also vor etwa 60 Jahren – liessen fröhliche und ungewöhnliche Bilder schon auf eine überdurchschnittliche Begabung von Konrad Siess schliessen. Leider bot das Leben dem Zeichner und Phantasiefiguren-Erschaffer keine Plattform, um sich in diesem Genre auszutoben. Also folgte erst einmal der gesellschaftsübliche Ernst des Lebens: Ausbildung, Beruf, Broterwerb, eben der allseits bekannte Ablauf.
Geboren 1949 und aufgewachsen in Ettlingen im Badischen, einige Jahre in Freiburg, einige Jahre in Ostfriesland, einige Jahre in Nicaragua, dann seit mehr als 30 Jahren in Bremen, das sind die örtlichen Stationen.
Der Metall-Handwerksmeister musste vor allem mit Präzision vorgehen, die Phantasie hatte keinen nennenswerten Raum im Berufsleben. Aber zunehmend erfolgten kleine Ausflüge in die Skulpturenwelt, beginnend - 2007 - vor allem mit Tonarbeiten.
2015 folgte die Mischtechnik aus Papier und Kupferdraht. Die Material-Grundlage bildeten die eigentlich eher lästigen, aber hier doch willkommenen ewigen Werbeblättchen, vielleicht nicht schön, aber schön bunt... Der erste Versuch mit diesem Material ist das „Tier 1 – Darwin oder die Entstehung der Art“. Dieses Tier machte auch deswegen Mut zum Weitermachen, weil es in einem kleinen Künstlerwettbewerb den 1. Preis holte.
Nun kam ein grosser Moment: Das Rentnerdasein hielt Einzug. Die Zeit der Pflichtpräsision war vorüber, freies Feld der Phantasie. Begonnen hat Konrad Siess mit der Mischtechnik, dann kam die Entdeckung des Materials Keramiplast, das von nun an ein Begleiter der Muse-Stunden wurde. Die Veredelung einiger der Keramiplast-Skulpturen mit Kupfergrundierung, Patinierung und Lackierung liess aus den Werken beinahe „Pseudo-Bronzen“ werden. Schliesslich wurde die erste Bronze gegossen, das war Philotauross (durchaus absichtlich so geschrieben!).
Aber all das würde nicht so aufregend wirken ohne die zündenden Ideen, ohne die Geschichten, die in den Figuren verborgen sind, jede von ihnen hat etwas zu erzählen. Die Mythologie mit Mensch-Tieren oder Tier-Menschen ist besonders empfänglich für die Patinierung und den Bronzeguss, während die Alltagssituationen wie der „Ausflug“ oder der leider allzu aktuelle „Raubtierkapitalismus“, den wir ganz sicher viel lieber auch im Reich der Mythologie sehen würden, sich mit dem elfenbeinfarben lackierten Keramiplast durchaus begnügen.
Möge der Betrachter viele anregende und vergnügliche Momente erleben!
Marianne Meyberg
Bremen, im Mai 2018
"KUNST: NICHT EIN SPIEGEL, DEN MAN DER WIRKLICHKEIT VORHÄLT, SONDERN EIN HAMMER, MIT DEM MAN SIE GESTALTET."
KARL MARX